Klettern im Winter – Ein Reisebericht

Wohin zum Klettern im Winter? Mallorca und Teneriffa kennen wir schon, die Türkei ist aktuell als Reiseziel politisch nicht empfehlenswert.

Da fielen uns die Fotos der wunderschönen farbigen Felsen von Leonidio auf dem Peloponnes auf. Das Gebiet um das Kleinstädtchen wird als das neue Kalymnos gehandelt und Megos und Ondra waren auch schon da. Gesagt, getan. Mit dem Flieger ging es nach Athen, dann noch mal mit dem Leihwagen ca. 270 km weiter südlich. Immer an der Küste entlang durch geschichtsträchtiges Gebiet. Dort lebten die Spartaner und Paulus hat die ersten Griechen zum christlichen Glauben bekehrt.

Leonidio ist ein noch sehr ursprüngliches Städtchen und Kletterer sind hochwillkommen in Zeiten der schwächelnden Wirtschaft.  Bevor die Panjika Kooperative, ein Zusammenschluss von Kletterern mehrerer Länder, begonnen hat zahlreiche Gebiete zu erschließen (mittlerweile 60) war Leonidio vor allem durch die besten Auberginen Griechenlands bekannt. Im Panjika Cafè, dem Treffpunkt der Kooperative, treffen sich die Homo verticalis vor allem auf dem Weg zum Felsen und auf dem Rückweg. Neben leckerem Essen und veganen und regionalen Lebensmitteln kann man hier vor allem Topos und Informationen rund ums Klettern erhalten. In Leonidio gibt es zahlreiche Unterkünfte und einen Zeltplatz. An vielen Orten parken auch die Kleinbusse der Climber irgendwo. Wir hatten uns in einer Ferienwohnung direkt an einem riesigen Orangenhain eingemietet. Es ist sehr ländlich dort, am Morgen wird man vom lauten Wettstreit der Hähne geweckt. Der Korb mit dem Frühstück wird an einen Haken neben der Tür gehängt. Gleich am ersten Tag besuchten uns zwei Katzen. Die eine kam uns, keine Ahnung wie, nachts sogar auf dem Balkon im zweiten Stockwerk besuchen. Und noch ein Sprung und sie saß auf meinem Schoß. Aber kein Problem, Tape ersetzt jede Fusselrolle.

Die Zustiege sind gut ausgewiesen, zum großen Teil jedoch lang und beschwerlich. Als wir mal nicht aufpassten, verfehlten wir den Pfad und brauchten dann alle Viere, um zwischen Fels und Dornengestrüpp nach oben zu gelangen. Dann hatten wir noch ganz großes Glück und uns gesellte sich eine stattliche streunende Hündin dazu. Sie versuchte, ihre Zuneigung durch Abschlecken auszudrücken, was besonders lästig war, da ja beide Hände und Füße mit dem Aufstieg beschäftigt waren. Sie erwies sich als ausgesprochen gefräßig und verschlang wohl die Hälfte des Proviants aller Kletterer am Fels. Und sie war auch nicht wählerisch und würgte nach kurzem Zögern sogar Mandarinen herunter. Wer weiß, wann es wieder etwas gibt. Als Tourist lebt es sich prima in Griechenland, aber Hund oder Katze möchte ich dort nicht sein.

Für ein bißchen Kultur oder zur Erholung für die geschunden Finger können wir einen Ausflug ins Kloster Elonis wärmstens empfehlen. Man kann es in einer fünfstündigen Wanderung durch das Flussbett des Daphnonas erreichen, muss man aber nicht. Auch die Fahrt mit dem Auto dorthin ist landschaftlich sehr reizvoll. Aber bitte aufpassen, dass euch keine Ziege auf das Auto springt. Sie sind dort gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer und manchmal muss man etwas Geduld mit ihnen haben. Der Daphnonas kommt aus dem Parnongebirge und liegt meist trocken. Er wird von Wanderern und Fahrzeugen als Straße genutzt. 

An den ersten Tagen kletterten wir an den Sektoren Douvari, Aresosos und Mad Wall. Sie warten mit leichten bis mittelschweren Routen auf. Am Freitag fuhren wir weiter in die Daphnonschlucht hinein und Steffen erfüllte sich einen Geburtstagswunsch und durchstieg eine der markanten Siterrouten im Sektor Skiadhianiko. Den Abend ließen wir gemütlich im Restaurant Myrtoon im benachbarten Poulithra ausklingen, eine absolute Empfehlung! Das war auch die letzte Möglichkeit für ein Essen außer Haus, denn dann hatte uns das Corona-Virus auch auf dem Peloponnes eingeholt und alle Lokale schlossen. Nächstes Kletterziel war Sabatton, das ausgesprochen gut erreichbar nahe am Meer liegt unmd auch mittags Schatten bietet. Ebenfalls empfehlenswert sin die Sektoren Hermes und Namastè. Unter anderem in Namastè kann man das 80 m – Seil voll ausklettern. Zwanzig Expressschlingen sollte man schon dabei haben und ganz wichtig ist bei den noch frischen Routen (wir haben keine von vor 2013 gesehen) ein Helm, denn dann und wann kommt doch mal ein Stein geflogen. Es gibt auch jede Menge Mehrseilrouten, um die gigantischen roten Felsen zu erklettern. Der gängigste Kletterführer ist das „Climbing Guidebook Leonidio und Kyparissi“. Voller Vorfreude hatten wir es schon zu Hause gekauft, dort kostet es nur ca. 20 E und ist z.B. im Cafè Panjika erhältlich.

Während uns aus Deutschland panische Nachrichten wegen der Corona-Krise erreichten, blieben die Griechen ganz entspannt. Nach einem Tag Schließung waren am Montag auch fast alle Geschäfte wieder geöffnet. Die Urlauber, mit denen wir sprachen, waren eher von den sich Sorgen machenden Verwandten in Deutschland genervt. Am Mittwoch kletterten wir am Giggerl, einem kleinen scharfkantigen Kalksteinfelsen, um uns herum nur Ziegen, die sich bimmelnd durch die Landschaft fraßen. Der nächste Tag sollte nur zu einem Spaziergang dienen, dann wurde eine Wanderung zum Kloster Agios Nikolaos draus. Sie führte durch imposantes Gelände an das Ende einer Schlucht. Hier wurde das Klostergebäude von 1622, einem Schwalbennest gleich, perfekt in das felsige Gelände eingebaut. Es war ein wirklich lohnenswerter Ausflug, nur leider für die Waden nicht so erholsam wie erhofft.

Auch auf dem Peloponnes bekamen wir nun die Corona bedingten Veränderungen zu spüren. Der Aufenthalt in der Öffentlichkeit wurde stark eingeschränkt. Aber Klettern zum persönlichen Training blieb erlaubt. Den letzten Klettertag verbrachten wir noch einmal in Skiadhianiko. Ulkigerweise trafen wir dort eine Klettertruppe, die wir schon aus der Nordwand Erfurt kannten. Und zu guter Letzt sind sie und auch wir mit einem der letzten noch verkehrenden Flieger wieder gut und sicher in Deutschland gelandet.